Das durch zahlreiche politische Neuerungen geprägte (Wein-)Jahr 1990 begann mit außerordentlicher Milde und eklatanter Schneearmut im Jänner und Februar sowie dem wärmsten März aller Zeiten. Es folgte ein trüber und kühler April, doch schönes Wetter im Mai und Juni führte zu einer frühen Rebblüte, die Ende Juni abgeschlossen wird. Der Juli und der ausgesprochen warme August wurden von Schönwetter dominiert. Demgegenüber präsentierte sich der viel zu kalte und wolkige September schon als ausgesprochener Herbstmonat, auf den ein sehr milder Oktober und ein normal temperierter November folgten.

25 Jahre sind seither vergangen, wir schreiben das Jahr 2015 und verkosten Weine des Jahrgangs 1990, die sich bereits in ihrer Jugend unglaublich finessenreich in Frucht und Aromatik gezeigt haben.

Thema sind die "Burgunder" aus der Steiermark: Weißburgunder (Klevner, Pinot blanc, Weißer Burgunder), Grauburgunder (Ruländer, Pinot gris), Morillon (Chardonnay) und Blauburgunder (Pinot noir). Ort des Geschehens, der neue Hotspot in Ehrenhausen an der Weinstraße, die Weinbank, eine Anleihe, die schmeckt. In der Verkostrunde sitzen private Weinliebhaber aus nah und fern sowie Sommeliergröße Christian Zach und Spitzenwinzer Manfred Tement, die sich als Hausherren die gebotenen Raritäten von 1990 nicht entgehen lassen wollen. Es beginnt mit einem einfach strukturierten Weißburgunder Pössnitzberg Römerstein Tscheppe, gefolgt von einem straffen WB Kabinett Maitz, einer verspielten Burgundercuvée von Polz und einem braven WB Kabinett Lackner-Tinnacher. Runde Nr. 3 eröffnen ein reifer Klevner Prämium Sattlerhof, ein präziser WB Kabinett von Tement und ein oxydativer, aber druckvoller Pinot blanc Grassnitzberg Prünte. Im ersten Grauburgunder-Flight ein geradliniger Kabinett Gross, ein handwerklich gut gemachter Kabinett Lackner-Tinnacher und ein für damalige Verhältnisse sicher sehr moderner, mit Barriqueeinsatz und biologischem Säureabbau versehener Kabinett Winkler-Hermaden. In der zweiten GB-Runde kommen ein rustikaler Kabinett Polz, ein bissfester Ruländer Prämium Sattlerhof und den Zenit bereits hinter sich gelassener Nussberg Gross zum Einsatz. Scheinen zu 100 % in Barrique ausgebaute Weißweine mitunter doch nicht so ein langes Lagerpotential zu haben!? Ein fruchtbetonter Chardonnay Czamillonberg Tscheppe steht einem halbtrockenen Morillon Kabinett Gross und einem lebendigen Chardonnay Kabinett von Tement gegenüber. Vor dem roten Abschluss, den zwei gefällige Blauburgunder von Sattlerhof und Tement bilden, erscheinen ein polarisierender Morillon Ried Witscheiner Herrenberg Prünte, ein saftiger Morillon Hochgrassnitzberg Polz und der Wein des Abends, ein unbeschreiblicher Morillon Zieregg Tement! Deswegen sei hier abschließend Herr Ulrich Sauter zitiert, der anlässlich einer Vertikale im Jahre 2013 ein klares Bild vom Zieregg-Typus Morillon sah: "Burgundisch in seinem Willen, die Herkunft so roh und pur wie möglich zur Geltung zu bringen.Sehnig, stoffig, mit innerer Spannung und der Fähigkeit, den Charme der Flaschenreife mit einer linearen, stets eher schlanken Struktur zusammen zu bringen. Superb!"

 

 

Weingut Tement - Weißer Burgunder Kabinett 1990 12,0 vol % alc trocken 0,75 l

 

In der Farbe helles Gelb mit Grünreflexen; in der Nase kandierte Früchte, Aranzini treten am stärksten hervor, am Gaumen frisch strukturiert, elegant und lebendig, druckvoll und straff, sehr burgundisch, ein Touch von Mandarinen im großen Früchtekorb, finessenreiche Fruchtsäure, saftige Textur, gut gereift und immer noch mit einer ihresgleichen suchenden Jugend gesegnet!

 

Weingut Gross - Grauburgunder Kabinett 1990 12,0 vol % alc trocken 0,75 l

 

Mittleres Goldgelb; feinreifes Bukett, Haselnüsse und gedörrte Früchte, ein Hauch von Butterscotch; am Gaumen zuerst süße Noten, an ein Karamellbonbon erinnernd, wirkt fast cremig, weich und zugänglich, mit zunehmender Luft aber dann plötzlich fruchtbetont, geradlinig, verspielt und mit herrlichem Trinkfluss ausgestattet. Eine Metamorphose innerhalb kürzester Zeit.

 

Weingut Sattlerhof - Ruländer Prämiumwein  1990 12,5 vol % alc trocken 0,75 l

 

Bernsteinfarben; hinter der leicht oxydativen Nase offenbaren sich Karamell und getrocknete Früchte sowie sehr dezent auch geräucherter Schinken und Nuancen von Grammeln; am Gaumen erneut Trockenfrüchte, überwiegend Rosinen, dann Kastanienreis und Lebkuchen, überraschend bissfest, extraktreich und druckvoll, strukturgebende Gerbstoffe, gute Säure als auch Länge.